Der begnadete niederländische Liedermacher Robert Long hat in den achtziger Jahren ein wunderschönes Lied geschrieben. Lasst mich einige Passagen zitieren:
 Sie is ne Frau und sie is ne Frau, die beiden sind ein hübsches Paar.
Die Wangen rot, die Augen blau, sie sind solide nicht kokett,Katholisch,
fleißig und adrett, 
sie schlafen Nachts im selben Bett
Da treiben sie es lieb und nett
Er is n Mann und er is n Mann, 
sie teilen eine Wohnung und was man halt sonst noch teilen kann,
sie lieben sich schon jahrelang Sie kümmern sich um ihren Kram Was soll’s, ein Mann liebt einen Mann,
was geht denn das die andern an
Er is ne Frau und sie is n Mann, auch wenn es ungewöhnlich ist
Das soll es geben dann und wann, 
Sie leben als ein Ehepaar Sie sagen zu einander „ja“ Ist so etwas nicht wunderbar.
Die gleichgeschlechtliche Liebe im antiken Griechenland ist im Allgemeinen bekannt. In der heutigen Zeit hat sich die Toleranzgrenze nach oben verschoben, in vielen Teilen Kretas jedoch werden Homosexuelle immer noch belächelt, da sich so manch einer durch ein tuntenhaftes Verhalten  selber ins Abseits versetzt. Uns, die wir im Herzen Europas leben, ist es schnurzpiepegal, ob er mit ihm oder sie mit ihr. Trotzdem erinnern wir uns lebhaft an den Julitag vor zwei Jahren in Heraklion, in der Odos Trifitsou gegen 15:00 Uhr, als ein für diese Uhrzeit ungewöhnlich hoher Lärmpegel in der Gasse zu hören war. Man sah ältere Frauen im Nachthemd, Kinder nur in Unterhosen, Männer mit blankem Oberkörper, die aus den Fenstern schauten oder auf die Straße rannten um zu sehen, was überhaupt los sei. Ich war natürlich auch dabei. Jemand schrie nach der Polizei, ein anderer schimpfte, man solle doch ruhig sein, ein dritter fluchte lauthals. Am Ende der Trifitsou, dort wo die Straße Pediados anfängt, befand sich ein  größerer Pulk von Menschen, mittendrin ein junger Mann namens Manolis, Mitte zwanzig, der auf ein Auto einschlug. Ok, er schlug nicht, sondern tätschelte die Motorhaube: „Ich schlage dich, ich schlage dich“, waren seine Worte und er „drosch“ weiterhin  so auf die Motorhaube ein, dass noch nicht einmal ein Wattebausch etwas gespürt hätte. Der Grund seiner Aufregung war, dass  jemand sein Auto so nah an der Eingangstür unseres Freundes geparkt hatte, dass dieser nicht in die Wohnung hineingehen konnte. „Ich schlage dich, ich schlage dich, auch wenn Du so eine schöne Farbe hast“,  hörte man den Mann mit schriller Stimme schreien. Inzwischen hörte ich, wie Nachbarn, die heraus gekommen waren, sich darüber unterhielten, dass das besagte rote Auto dem Exfreund unseres Hauptdarstellers gehörte, der ihm einen Streich spielen wollte und sein Auto so geparkt hatte, dass dieser Schwierigkeiten hatte, in die Wohnung zu gelangen. „Ich schlage dich, ich schlage dich“, war erneut zu hören, bis eine sehr männliche Stimme Einhalt gebot. Ein Polizist auf einem Motorrad war vor Ort, erfasste das Geschehene, setzte sofort seinen Helm wieder auf und  schloss das Visier, damit man nicht sehen konnte, wie er ebenfalls den erbosten Geschädigten auslachte. Als der Polizist sich wieder gefasst hatte, gebot er der Menge – inzwischen waren weit über zwanzig Menschen vor Ort-,  wieder in ihre Häuser zu gehen. Unser Freund ließ sich nach einigen Worten des Polizisten beruhigen, und nachdem man das rote Vehikel, dass ohne Handbremse geparkt hatte, mit vereinten Kräften einige Meter weiter geschoben hatte, konnte unser Freund die Wohnung betreten, nicht ohne einen bösen Blick dem Auto zugeworfen zu haben. Als wir im Jahr darauf wieder in Heraklion waren und nach dem brutalen Autoschläger fragten, sagte uns Kostas, dass er umgezogen sei. Er hätte sich mit seinem Exfreund wieder vertragen und sie haben sich gemeinsam in der Nähe des Hafens eine kleine Wohnung gekauft. Wahre Liebe ist doch dauerhaft. Kostas und ich trinken jedes Jahr ein Glas Raki auf das Wohl von Manolis und stoßen mit dem Trinkspruch von Kosta an: Lieber Gott, wir haben doch nur ein Leben, danke dass ich es als Grieche leben darf.