Mediziner warnen, Wissenschaftler zerbrechen sich den Kopf, Tatsache ist jedoch, dass über acht Millionen Diabetiker in Deutschland zu finden sind. Experten gehen sogar davon aus dass…. lasst mich jedoch nicht wissenschaftlich werden sondern das wiederholen, was mein Hausarzt vor nicht allzu langer Zeit sagte. Jeder bekommt Altersdiabetes, es kommt jedoch auf jeden selbst an, ob dieses früher oder später geschieht. Fakt ist, dass ich auf meinen Arzt höre und ich sehr vorsichtig damit verfahren würde, wenn es nicht das Baklava gäbe. Seine Herkunft ist unter Süßspeisenhistorikern umstritten, aber was mich anbelangt ist klar, dass Baklava zum ersten Mal in Griechenland entstand. Da ich nun Baklava sehr sparsam  genieße, war ich überglücklich, als wir beschlossen, Tante Anna in Potamies zu besuchen. Durch den Bau eines Staudamms und durch diverse Umleitungen, erreichten wir das Dorf nach einer dreiviertel Stunde Fahrt von Heraklion aus. Als Mitbringsel hatten wir von der Konditorei Savoidakis (Schleichwerbung) einen Süßigkeitenkarton zusammengestellt. Baklava gehörte natürlich dazu. Wir wollten die Gelegenheit nutzen, auch das Grab von Onkel Stathis zu besuchen, der vor zwei Jahren verstarb.Drei Jahre zuvor waren wir schon mal im Dorf und so konnte sich meine Frau an Einzelheiten erinnern, bis wir zur Dorfmitte kamen und nicht weiter wussten. Vor einem Kafenion saßen einige alte Männer, jeder benötigte drei Stühle. Ich fragte nach Anna M. und einer schaute mich fragend an, der zweite meinte, das sei doch die Anna von Stathis, und alle nickten. Sie zeigten uns den Weg und wir erkannten, nachdem wir in der richtigen Straße waren, das alte Häuschen sofort wieder. Den Karton mit Baklava auf dem Rücksitz und die Freude, Tanta Anna zu sehen und ein Stück Leckeres zu essen, parkte ich vor einem Nachbarshaus, aus dessen Fenster eine alte Frau schaute. „Wo wollt ihr hin?“ fragte sie und wir sagten:  zu Anna M. und ob wir hier parken dürften. „Klar“ antwortete sie, mein Sohn kommt erst am Freitag wieder, heute ist ja Montag. Sie machte uns noch darauf aufmerksam, dass wir kräftig an die Tür klopfen sollten, Anna sei etwas taub. Wir klopften an die Tür, zunächst etwas zaghaft, dann schon so laut, dass eine (etwas Taube) dieses hören könnte. Nichts!  Zurück zum Auto fragte ich die Frau, inzwischen waren zwei weitere dazu gekommen, ob sie wüsste, wo Anna wäre. „Wer bist Du?“ fragte sie. Ich erklärte, ich wäre ein Neffe, der in Deutschland lebt und der mit seiner Frau sowohl Tante Anna als auch das Grab des Onkels besuchen wollte. Die Frau sagte, dass Anna jeden Tag dreiviertel Stunden zu Fuß zum Friedhof geht und natürlich auch dreiviertel Stunden zurück, und dass sie, wenn sie nicht zuhause oder beim Friedhof sei, alle zwei, drei Wochen ihre Schwester besuchen würde, die am Ende des Dorfes im letzten Haus auf der linken Seite wohnte.Man zeigte uns den Weg zum Friedhof und dort angelangt sahen wir lediglich eine Frau, die einen Marmorstein polierte, sichtlich nicht Tante Anna. Als wir fragten, ob sie wüsste, wo das Grab von Stathis wäre, zeigte sie uns den Weg und so konnten wir meinem Onkel Stathis, dem alten Korea- Veteranen, noch einmal die Ehre erweisen. Zurück zum Haus war Anna immer noch nicht zurück, und so hängten wir die Tüte mit dem Karton mit Baklava und sonstigem an die Türklinke und sagten der Nachbarin, die immer noch am Fenster zu sehen war, sie solle doch bitte Tanta Anna sagen, dass wir da waren. Niko aus Deutschland, wiederholte ich. „Aber geht doch zu Maria, Anna kann nur dort sein, sie ist bestimmt traurig wenn ihr geht ohne sie zu sehen.“ Die Gelüste nach einer Portion Baklava waren groß, aber bei ganz fremden Leuten an die Tür klopfen…. meine mir innewohnende mittel-europäische Zurückhaltung verbot es mir. Wir fuhren zurück mit der Erkenntnis, dass hier in diesem Fünfhundert- Seelen- Dorf jeder für den Anderen da ist und dass jeder über den Anderen alles weiß. Einerseits nachdenklich, andererseits froh, dass Tante Anna, die  allein im Häuschen lebt, durch die Dorfgemeinschaft nicht einsam ist. So verschmerzte ich das nicht verspeiste Baklava.
Wie sagt doch Kosta: Lieber Gott, wir haben doch nur ein Leben, danke dass ich es als Grieche leben darf.