Neulich im Wartezimmer

Neulich im Wartezimmer

Die Influenza greift um sich, und viele Firmen leiden durch den massiven Ausfall der Mitarbeiter. Man hat gute Ratschläge parat wie regelmäßiges Händewaschen oder sogar einen Mundschutz zu tragen, Rotznasen, Husten, Schnupfen sind jedoch an der Tagesordnung. Man weiß außerdem, dass Grippeviren bis zu 17 Tage auf Geldscheinen „überleben“. Je mehr Menschen um einen herum sind, desto höher ist das Risiko, sich anzustecken. Züge, Busse, Kino, Konzerte – Albträume für Hypochonder und tatsächlich Kranke.
Viel „gefährlicher“ allerdings ist die Ansteckung im Wartezimmer. Es ist es schön warm, weil die Heizung läuft und eine Menge anderer Menschen mit Ihnen im Wartezimmer sitzen. Die Hitze trocknet die Schleimhäute aus, sie wird empfindlicher für die durch Tröpfchen übertragbaren Erkältungs- und Grippeviren. (Mensch bin ich froh, so einen Satz formuliert zu haben, man merkt es mir sicherlich an, dass meine Frau medizinisch was auf dem Kerbholz hat). Die Tatsache, dass ich zum Arzt gehen musste, ließ sich jedoch nicht umgehen. Wenn man ins „Ersatzteilalter“ kommt, soll man sich wirklich regelmäßig prüfen lassen. Man geht ja mit dem Auto auch zu den regelmäßigen Inspektionen. Aber in diesem besagten Wartezimmer warteten keine Viren auf mich, sondern zwei äußerst redselige Personen: Sie um die siebzig und er sagen wir mal Ende sechzig.SIE: Und Du sagen Du warten jetzt halbe Stunde. ER: Ja haben mich bestellt denke ich um zwei und jetzt ist schon viel Zeit vergangen. Wo kommst Du her? SIE: Aus Königsbach. ER: Nein, ich meine wo bist Du geboren? SIE: Aus Kroatien, sind schon dreiundvierzig Jahre hier. Viel Krieg in Kroatien, viele Tote, viel Trauer ER: Ist noch Krieg? SIE: Nein Krieg vorbei aber viel Trauer und viele arme Menschen. Wo kommst Du her? ER: Ich bin schon fünfzig Jahre hier, komme aus Portugal und kenne Königsbach. Kenne alle Orte um Pforzheim 100 Kilometer oben und unten, ich war Fahrer beim Möbelwagen. SIE: Ist in Portugal auch Krieg? ER: Nein, Gott dank nicht, aber auch haben arme Leute. SIE: Ich will zurück, wir haben in Zagreb schöne große Haus, aber mein Mann wollen nicht. Er guter Mann aber halt Mann. Ich bin vierundsiebzig und weißt Du er hat eine Freundin die ist sechsundsiebzig und die wohnt auch Königsbach. Jetzt zahlen Miete hier obwohl wir in Zagreb großes Haus haben. ER: Ja, da kann man nix machen. SIE: Ja, ja, aber arme Leute überall, sehe im Fernsehen Leute von Griechenland, oh das sind arme Leute, aber die gute Frau wird helfen, bestimmt. ER: Welche gute Frau? SIE: Ja diese mit dem Mann der immer sitzt, sie ist doch der Chef von Deutschland. ER: Chef ? Du meinen Frau Markel? SIE: Ja genau Markel, sie immer überall und helfen alle Welt. Gute Frau sein, ich weiß. Wir auch haben in Zagreb eine gute Frau, die aber machen Babys weg, wenn Frauen schwanger und Kind nicht haben wollen. Ja viele gute Frauen gibt es. Mein Mann aber haben Freundin. Du auch haben Freundin? ER: Nein, meine Frau sterben vor drei Jahren. War ganz gute Frau. Nix Chef von Deutschland sein, aber Chef von Zuhause, sie hat viel gearbeitet. Ich war mit Möbelwagen unterwegs und sie arbeiten in Fabrik und Zuhause, haben drei Kinder. SIE: Ich will nach Kroatien zurück. Wenn auch Chef Markel gut sein hier. Frau Baumann, die Sprechstundenhilfe, kam und sagte: „Frau XY bitte ins Zimmer 2“, und die Lobeshymnen auf die gute Frau Chefin von Deutschland und ihren Mann der im Rollstuhl sitzt hatten ein promptes Ende. Als ich aus dem Ärztehaus kam rief ich Kostas an, berichtete von meinen zwei neuen Freunden und er sagte: „Lieber Gott, wir haben doch nur ein Leben, danke dass ich es als Grieche leben darf.“

Neulich beim Chinesen

Neulich beim Chinesen

Also, wenn die Küche mal kalt bleiben soll, ist für meine Frau und für mich Thomas in Gondelsheim die erste Wahl. In seinem Lokal fühlen wir uns wohl, nicht nur wegen des reichlich fließenden Ouzo‘s, denn Thomas ist ein Unikum als Mensch und Wirt. Aber leider gibt’s hier auch einen Ruhetag, und genau an diesem sollte die besagte Küche kalt bleiben. Deshalb entschieden wir spontan, dem Chinesen in unserer Nähe wieder einmal einen Besuch abzustatten. Das Lokal war mittelprächtig besucht und das freundliche Chinesen-Fräulein wies uns einen Tisch zu in unmittelbarer Nachbarschaft eines Paares im Spätmittelalter. Sie, fein herausgeputzt mit einem koketten Seidenschal um den Hals, er hatte sicherlich am Spätnachmittag seine sporadisch vorhandenen Haare frisch färben lassen. Aber um Gottes Willen, ich möchte mich nicht über das Aussehen der Beiden lustig machen, jeder soll so aussehen, wie der liebe Gott ihn erschaffen hat, das Äußerliche lasse ich außen vor, nur das Geplapper erlaube ich mir unzensiert wieder zu geben.
SIE: Nein, das ist kein Hühnchen, hat die Bedienung gesagt, das ist Chicken!
Meine Frau schmunzelte und so wurde ich auf das Gespräch der Beiden aufmerksam. Da sie den Tisch unmittelbar in unserer Nachbarschaft belegten, musste ich meine Ohren gar nicht erst spitzen.
ER: Aber Ente ist es auch nicht.
SIE: Nein Chicken hat sie gesagt, bestimmt was Chinesisches.
ER: Aber es schmeckt nach Hühnchen.
SIE: Ich denke wir haben noch etwas Zeit bis das Stück beginnt.
ER: Ja stimmt, wir wollen ins Theater. My Fair Lady ist doch heute oder?
SIE: Nein, der Barbier von Sevilla.
ER: Ich wusste es ist was Griechisches.
SIE: Nein, aber das ist ja auch egal. In der Tagesschau gestern habe ich die Rede von diesem CSU- Abgeordneten gehört: „ Schauen Sie sich Tsipras an, schauen Sie sich Varoufakis an. Würden Sie von denen einen Gebrauchtwagen kaufen?“
ER: Ich will doch kein Auto…hmmm das schmeckt wirklich nach Hühnchen.
SIE: Nein das ist Chicken und ich meinte die Rede im Bundestag. Der spricht das aus, was alle denken.
ER: Was denken alle?
SIE: Dass Griechenland von Kommunisten regiert wird, willst Du ein Auto von einem Kommunisten kaufen?
ER: Ich will doch kein Auto und schließlich habe ich meinen Führerschein doch schon abgegeben.
SIE: Ja Du musst Dich doch auskennen, Du warst doch Fallschirmspringer früher.
ER: Ja das war ich wohl und wir sind auf Kreta gelandet. Das ist eine wunderschöne Insel.
SIE: Vor sechzig Jahren warst Du dort, wie willst Du wissen, wie die Insel heute ist, wenn Kommunisten regieren.
ER: Und die Mädchen, die waren so stolz und so fesch.
Wir hatten inzwischen den ersten Büffet-Gang hinter uns. In der Zwischenzeit haben beide ihr Gespräch fortgeführt. Sie sprachen von Bambusknospen und Ananaswurzel, sie meinten, dass in China sicherlich die Hühnchen Pekingente heißen, weil Chicken so verdammt ähnlich wie Hühnchen schmeckt. Die Bedienung kam vorbei und die gute Dame fragte: „Darf ich Sie fragen, was das hier für ein Fleisch ist?“ Die Bedienung meinte: „Chicken Wings“ und ging ihres Weges.
SIE: Hast Du jetzt gehört, das ist Chicken Dings.
ER: Ja, Du hast recht, aber ich lasse es mir nicht nehmen, das schmeckt wie Hühnchen, oder sie nehmen das gleiche Gewürz, das Du für Hühnchen nimmst.
SIE: Das wird sicherlich so sein, die Chinesen machen uns doch alles nach.
ER: Das sind doch die Japaner.
SIE: Ach was, sind doch beide gleich. Komm, beeil Dich, wir müssen ins Theater.
ER: Ja, ich freue mich schon so auf My Fair Lady.
Um das Preis-Leistungs-Verhältnis angemessen zu halten, hatte ich drei Mal das Büffet besucht, aber kein einziges Mal befanden sich Chicken Wings auf meinem Teller. Als ich später Kosta anrief und meinte, dass solche Menschen die Abgeordneten wählen, die unqualifizierte Vergleiche anstellen, meinte er:
Lieber Gott wir haben nur ein Leben. Danke dass ich es als Grieche leben darf.

Im Notariat

Im Notariat

Bezüglich unserer Wohnung in Kreta musste ein Notar aufgesucht werden.
Nach dem siebten Anruf bekam meine Cousine Eleni einen Termin beim Notar für mittwochs 10:00 Uhr. Eleni meinte, dass die Notarin doch nie vor 11:00 Uhr erscheint und sie würde gegen 10:30 Uhr erst mal anrufen, ob jemand dort wäre, schließlich benötigen wir keine fünf Minuten bis zur Kanzlei.
Schlussendlich betraten wir um genau 10:52 das Büro. Der sehr großzügig bemessene Schreibtisch der Notarin war zu dreiviertel mit Akten voll gestapelt, genau wie der runde Bestelltisch und der große Besprechungstisch am Fenster mit dem wunderschönen Blick auf Heraklion. Farbenfrohe Ordner lagen kreuz und quer. Da seit dem August 2013, was bauliche Maßnahmen anbelangt, neue Gesetze verabschiedet worden waren, erzählte uns Tina, die knapp sechzigjährige, kettenrauchende und nach dem erstem Studium der Regalwand hinter ihr zu urteilen, dem Whisky nicht abgeneigte Notarin, mussten wir einige Beglaubigungen erneut bestätigen lassen. In diesem Moment ertönte die Stimme ihrer Sekretärin: „Manolis lässt sich nicht abwimmeln.“ Tina griff zum Hörer, hörte kurz zu, sagte drei Mal ja, um dann lauthals in den Hörer zu brüllen: „Geh doch zum Teufel, du Dreckskerl“ (hier verbietet  es mir mein gute Erziehung, die darauf folgenden Worte originalgetreu wiederzugeben).
Tina zündete sich eine neue Zigarette an, obwohl eine halbgerauchte im Aschenbecher vor sich hin qualmte und sagte, dass dieser besagte Manolis ein Gauner wäre. Er als Architekt und Bauleiter war von einer Engländerin namens Sarah Hunter beauftragt worden, eine Immobilie zu kaufen. Giannis X. jedoch wollte mitten in Heraklion sein kleines Häuschen verkaufen, weil er jetzt im vierten Jahr arbeitslos war und in sein Heimatdorf Fodele zurückgehen wollte. Seine Frau und die drei Kinder waren seit drei Monaten schon wieder zurück. Manolis, der sich in der Baubranche seit über dreißig Jahre tummelt, ist so gerissen und verzögert den Kauf geschickt, um immer wieder Provisionen bzw. irgendwelche Gebühren zu kassieren. Er erfindet ständig neue Gesetze, damit Sarah einmal € 600. — dann wieder € 1000. — und so weiter überweisen musste und Giannis gegenüber erklärt er, dass er doch wüsste wie diese Ausländer wären, die wollen einem über den Tisch ziehen, und deshalb würden sich die Verhandlungen in die Länge ziehen. Die ersten Unterlagen hatte die Notarin guten Gewissens beglaubigt, als jedoch der besagte Manolis mit einer dritten und vierten neuen Steuer ankam, warf ihn Tina kurzerhand raus. Sie war nicht gewillt, diese Spielchen mitzumachen. Sie hofft auf die Solidarität ihrer Kollegen, aber  Manolis wird sicherlich einen anderen Notar finden.
Trotz allem, wie sagt mein Cousin Kostas: Lieber Gott, wir haben doch nur ein Leben, danke dass ich es als Grieche leben darf.

Im Kloster Savathianon

Im Koster Savathianon

In diesem idyllisch gelegenen Nonnenkloster unweit von Heraklion wollten wir die Osternacht verbringen. Unsere griechische Verwandtschaft sagte uns, dass wir das Auto weit weg parken müssten und uns den Weg zum Kloster mit Hilfe von Kerzenlicht suchen müssten. Wir natürlich, als  moderne Menschen, nahmen Taschenlampen mit. Kaum hatten wir den angekündigten Fußmarsch angetreten, waren wir auch schon da. Griechen und ihr Einschätzen von Entfernungen benötigt eine separate Geschichte. Es war eine wunderbare Atmosphäre, und das, was Cousine Vasso sagte, nämlich dass die Gebete und Psalmen der Nonnen unsere Ohren erfreuen würden, war auch nicht übertrieben.
Es war wirklich so wunderschön, dass wir uns fest vorgenommen haben, das kommende Osterfest auch hier in Savathianon zu erleben.
Am Folgetag waren wir immer noch begeistert und  beschlossen, das Kloster bei Tageslicht zu besuchen. Wir erfuhren, dass das Kloster während der Türkenherrschaft 1669 zerstört worden war, und als die damaligen Bewohner, es waren Mönche, viele Jahre nach ihrer Vertreibung als alte Männer zurückkehrten, fanden sie nur Ruinen vor. Sie bauten das Kloster erneut auf. Ende des 19. Jahrhunderts starb der letzte Mönch, der das Kloster bewohnte. Erst nach dem zweiten Weltkrieg kamen Nonnen vom Peloponnes und hauchten diesem wunderschöne Kloster und den herrlichen Gärten wieder Leben ein.
Was wir in der Osternacht nur andeutungsweise wahrgenommen hatten, kam uns an diesem Julitag noch erhabener und göttlicher vor. Eine Stille umfing uns, ok, nicht ganz, weil zwei kleine Kindergartenkinder sich gegenseitig mit Grasbüscheln bewarfen und dabei schrien und tobten, während ihre Mütter, auf einer Bank sitzend und rauchend, sich ebenfalls so lautstark unterhielten, dass sie mit Sicherheit auf der 416 m hohen Bergspitze des Vovias Vounou zu hören waren. Sie sahen uns kommen und wurden um wenige Dezibel leiser, als wir an der Außenanlage der Kapelle zwei Kerzen anzündeten.
Wir gingen den mit Steinen angelegten Weg weiter und jeder Meter Garten, den wir zu Gesicht bekamen, war schöner und interessanter als der zuvor. Einige Meter entfernt machte sich eine Nonne an einigen Pflanzen zu schaffen, und wie immer erfasste mich die Neugier und der Wunsch nach Unterhaltung. Erstens bin ich orthodox, zweitens beherrsche ich die Sprache, also legte ich los und fragte die Nonne, die weiterhin unbeirrt vor sich her arbeitete: „Ehrwürdige Mutter, guten Tag. Können Sie uns sagen was das für Blumen sind?“ Sie zeigte keine Reaktion. Sie musste uns doch gehört haben, wir waren doch nur zwei oder drei Meter entfernt und wir sprachen griechisch miteinander. Ich wiederholte die Frage. Nichts! Doch, wenige Sekunden später drehte sie sich zu uns um und nickte stumm. Wie gesagt, ich bin orthodox und begriff deshalb, dass die Nonne sicherlich ein Schweigegelübde abgelegt hatte, und schon war es mir peinlich, sie angesprochen zu haben. Ich nickte ebenfalls stumm und wir gingen weiter.
Als wir wieder zurückkehrten, wollten wir noch zur zweiten kleinen Kirche gehen, die dem Heiligen Antonius geweiht ist. Hier zündeten wir ebenfalls zwei Kerzen an, bekreuzigten uns und wollten die Kirche wieder verlassen, als eine andere Nonne, die in ihrer Bibel las, den Kopf hob und sagte: „Gott mit Euch.“
„Vielen Dank“, sagten meine Frau und ich gleichzeitig, und schon erhob sie sich und reichte uns die Hand. „Wartet, ich gebe Euch ein kleines Heftchen über unser Kloster mit“, sagte sie. Wir bedankten uns nochmals und beim Gehen fragte ich vorsichtig, ob nicht alle Nonnen ein Schweigegelübde abgelegt hätten. „Schweigegelübde? Nein das haben wir nicht.“ Als ich nach der älteren Nonne fragte, die im Garten draußen arbeitete, schaute sie mich lächelnd und ohne Ironie an. “Sie sprechen sicherlich von der Moni Ioanna, sie hört nichts, schon seit vielen, vielen Jahren.“
Als wir wieder im Auto waren, sagte meine Frau nichts, aber ich begriff, dass sie meine Vermutung mit dem Schweigegelübde doch sehr amüsierte.
Wie sagt mein Cousin Kostas: Lieber Gott, wir haben doch nur ein Leben, danke dass ich es als Grieche leben darf.

Das Seniorenhandy

Das Seniorenhandy

Unsere Gesellschaft wird immer älter, wer möchte schon jung sterben. So sind sogenannte Seniorenhandys im mitteleuropäischen Raum sehr oft zu finden. Auf Kreta jedoch nicht und so haben sich einige junge Leute zusammengeschlossen und wollten diese Idee auch in Griechenland verwirklichen. Die Arbeitslosenquote bei Jugendlichen unter Dreißig ist ja weit über 60 Prozent. Ältere Menschen, die sich ein kleines Sparpolster zugelegt haben, gibt es noch in einer übersichtlichen Zahl und so haben sich drei junge Burschen gesagt, was in Mitteleuropa möglich ist, kann auch auf Kreta funktionieren und arbeiteten an einem speziellen Funknetz für Seniorenhandys.Wo sehen wir hier Vorteile, fragt sich der iPhone-Nutzer bei uns. Die Seniorenhandys sind auf die Bedürfnisse der älteren Menschen ausgelegt. Große Tasten und ein großes Display sind wesentliche Merkmale. Und ganz wichtig: eine Notfallnummerntaste, die nicht zu übersehen ist. Notrufe können einfach und schnell durch Drücken einer einzigen Taste abgesetzt werden. Automatisch werden dann voreingestellte Rufnummern gewählt.Tante Filareti, bekanntlich 91 und noch rüstig, kam in den Genuss, eine der Testpersonen zu sein, die dieses Gerät für einen Monat unentgeltlich ausprobieren sollten.Es war ein Sonntag. An den Sonntagen ist sie stets bei ihrem Sohn Michalis, dessen Name nicht erwähnt werden kann ohne den Zusatz: „Nichtsnutz“. Sie passt da, wie wir schon mal gelesen haben, auf den Welpen Gucci auf. Filareti hatte sich für diesen Sonntag noch Katharina und Anna zum nachmittäglichen Pinacle-Spiel eingeladen. Die Damen saßen nun am Kartentisch, freuten sich, dass mal die eine und mal die andere gute Karten hatte, und da Gucci jung und verspielt an allem knabberte, was ihm zwischen die Zähne kam, nahm Filareti das Seniorenhandy, nachdem ihre zwei Freundinnen es bewundert hatten, und steckte es in ihre Kitteltasche.Sie hatte die Anweisung, das Handy immer bei sich zu haben, und wenn tatsächlich Gefahr für Leib und Leben in Verzug sei, solle sie den großen roten Knopf drücken. Eine nette Stimme würde ihr dann helfen. In Deutschland sind die meisten Seniorenhandys mit einer GPS Navigation versehen, in Griechenland noch nicht. Ein Seniorenhandy mit GPS kann zusätzlich für Sicherheit sorgen, da der Aufenthaltsort der betroffenen Person schnell über die Koordinaten des Standorts ermittelt werden kann.Wie funktioniert das Senioren-Handy auf Kreta?Auf Kreta sollte das System so funktionieren, dass wenn der Alarmknopf betätigt wird, bei einer Notrufzentrale das Signal eingeht, dort jemand das Gespräch entgegen nimmt und mit dem Senior direkt verbunden ist.Zur selben Zeit, fünf Kilometer entfernt in Heraklions Odos Trifitsou: Meine Cousine Eleni, die gerade heim kam, sah vor Filaretis Wohnung drei Polizisten, die an die Tür klopften und den Namen von Filareti riefen. Auf ihre Frage, was los sei, meinte einer der Beamten, dass man gerade in der Stadt einen Versuch mit Seniorenhandys mache und Filaretis Handy würde dauernd Alarm melden. Man müsste jetzt die Wohnungstür einschlagen, weil man ja nicht wisse, ob Gefahr besteht. Eleni öffnete mit dem Zweitschlüssel und die Beamten stürmten hinein, fanden jedoch niemanden.Eleni erklärte, dass Filareti sonntags bei Michalis sei, sie würde jedoch, weil sie auch nervös geworden sei, mitkommen. Alle stürmten nun zum Streifenwagen und rasten zum Mehrfamilienhaus von Michalis, wo sie mit quietschenden Reifen zum Stehen kamen. Sie sprangen aus dem Auto und läuteten im zweiten Stock Sturm, bis schließlich Filareti die Tür mit einem vor Schreck weißen Gesicht öffnete, weil auf einmal drei Polizisten und Eleni vor ihr standen. „Ist was passiert?“ fragte sie. „Nein,“ sagte Eleni, „aber Dein neues Handy hat Alarm gemeldet.“ Was war geschehen? Filareti hatte sich beim Kartenspiel auf eben dieses Handy gesetzt, und jedes Mal, wenn sie sich bewegte, schlug es Alarm.
Kostas meinte am Abend nur: „Lieber Gott, wir haben doch nur ein Leben, danke dass ich es als Grieche leben darf.“

Der alte Esel

Im antiken Griechenland war der Esel das Symbol für Faulheit und Starrsinn. In den USA haben ihn die Demokraten als Maskottchen und bei den Gebrüdern Grimm spuckt ein Esel vorne und hinten Goldstücke aus.
Wir befinden uns auf Kreta in einem kleinen Dorf auf der Lasithi- Hochebene. Ein alter Esel, festgebunden im Niemandsland, fällt uns auf. Wir hatten gehört, dass alte Esel, die nicht mehr arbeiten können, ausgesetzt werden. Viele werden über Klippen gestürzt, andere an einem Baum festgebunden, viele landen in italienischen Schlachthöfen. Die Alarmglocken schlugen in uns an. Das ist bestimmt so ein armer, alter, kranker Esel, der gerettet werden muss. Einige Tage zuvor sind wir beim  „Donkey Sanctuary“  in Lefkogia vorbei gefahren und haben uns wirklich positiv davon überraschen lassen, dass hier für herrenlose, alte Esel, die von ihren Besitzern verstoßen werden, ein Heim gegründet wurde.
Was tun? In unser kleines Mietauto passte der Esel nicht rein. Dank der Elektronik -sie lebe hoch- haben wir von der Stelle, an der der arme, kranke total ausgehungerte Esel festgebunden war, mit Hilfe unseres Smartphones Längen- und Breitengrade festgestellt und fuhren zum nächsten Ort, keine fünf Kilometer entfernt.
„Viele der Esel werden geschlagen, ihre Gelenke sind von der harten Arbeit kaputt. Manche können bei ihrer Ankunft in der Station kaum stehen oder gehen. Aber auch ihre Seele ist kaputt, “ sagte man uns im Donkey Sanctuary. Schließlich bin ich ein geborener Grieche und kenne mich in der Tierwelt aus, und deshalb habe ich das Tier nicht angefasst, habe lediglich versucht, es zu beruhigen, indem ich ihm Worte zurief, wie „Ist ja gut Alter“, „Bald hast du es besser, Eselchen“. Weiter hörten wir, dass Esel intelligent und sensibel sind und wer ihr Vertrauen gewinnt, dem zeigt der Esel seine wunderbare Seele. Ungefähr 400 Euro kostet im Monat das Tierfutter für die ganze Eselsfarm und dazu kommt noch die medizinische Versorgung. Esel können bis zu 40 Jahre alt werden, aber die meisten verenden nach dreißig Jahren, weil die Winter auf Kreta feucht und kalt und die Tiere sehr geschwächt sind.
Inzwischen waren wir, es war Mittagszeit, ins Dorf gefahren. Die meisten Dorfbewohner hatten ihre Mittagspause begonnen, wir fanden jedoch einen jungen Vater, der mit seinen zwei Töchtern im Vorgarten Wassermelone aß. Davor war ein Dreirad mit Anhänger zu sehen, für uns das optimale Gefährt, einen Esel auf die Eselsfarm zu verfrachten. Wir begrüßten die Familie, inzwischen kam auch die Mutter nach draußen, als sie Stimmen hörte. Wir stellten uns vor und berichteten von dem alten, kranken Esel und dass wir den Mann bitten würden, ihn zu der besagten Eselsfarm zu bringen, es würde sich ja verstehen, dass die Benzinkosten von uns getragen würden. Er fragte uns, wo der Esel sei, wir versuchten es ihm zu erklären. Entweder wollte er uns nicht verstehen, oder meine Navigationsbeschreibung war unzureichend. Schließlich einigten wir uns, dass er fünfzig Euro bekommen solle. Er stieg auf sein Gefährt, wir in unser Auto und fuhren zurück, um nach wenigen Minuten wieder beim Esel zu sein. Als wir anhielten, sahen wir, wie die zwei Mädchen, sie mussten so acht und zehn Jahre alt sein, zu dem Esel sprangen, ihn herzten und streichelten. Der alte, kranke Esel freute sich regelrecht über die Streicheleinheiten und den Apfel, den ihm das  kleinere Mädchen vor die Nase hielt. Ich möchte meine Schmach hier abkürzen. Dieser alte, kranke Esel war gerade mal drei Jahre alt, sehr gut ernährt und war keineswegs ausgesetzt, sondern stand, zwar festgebunden, auf der Weide, die dem Großvater gehörte. „Das ist Manos“, sagte uns der Mann. „Kommen Sie ruhig näher, er lässt sich gerne streicheln.“ Ok, hier ist jetzt der Punkt gekommen, nicht als Entschuldigung, sondern zur Erklärung, um zu sagen, dass ich vorher nicht viele Hausesel gesehen hatte. Andere im übertragenen Sinn jedoch genügend.
Kostas, mein Cousin, hat sich später köstlich über diese Geschichte amüsiert und sagte:„Lieber Gott, wir haben doch nur ein Leben, danke dass ich es als Grieche leben darf.“