Irene ist tot

Irene ist tot
Ob körperlich oder in der Phantasie
Irene ist tot
An den Frieden glaubte ich
sehr, sehr lange.
An die Hommage aus Glück und Trauer,
an die stillbare Sehnsucht
die Sterbliche nie erlangen können.

Gab es eigentlich einen Beginn?
Du warst auf einmal da
und mir war klar,
dass ich diesen Frieden
immer schon kannte.
Ich hatte die Vorstellung
dass Du immer dagewesen sein musst

Manchmal, wenn Du mich fragend ansahst
und keinen Ton sagen konntest
da wusste ich, dass Du ein Meilenstein bist
ein Wendepunkt.

Irene, die Fixierung der Logik
das ist Weiß und das ist Schwarz
dazwischen hatte kein Sandkorn Platz.
Ich wollte die Nadel zu Deinem Kompass sein
und wurde Dein Liebhaber
In einer Schattenwelt.

Stundenlang konnte ich stumm
neben Deinem Körper liegen.
Neureiche, die früher nur Brot und Zwiebel
als Mittagessen hatten
posieren Goldkettenbehangen vor dem Bahnhof
und klagen die Beständigkeit an.

„Ich bin nun mal wie ich bin“
sagtest Du und dachtest nicht daran
dass solche Sätze Kolonien vernichten können
Irene, Du warst der einzige Mensch
der zweimal im Jahr Geburtstag hatte
April und November

Als ich mal meine Liebe eintauschen wollte
sagtest Du lediglich
„ da machste was mit“
und das war für mich das Zeichen
die Atombombe zu zünden.

Wenn die Tage der Folter sich nähern
geht ein Mann an einem einzigen Wort kaputt
und ich fragte Dich, wo Du hinwillst
und Du sagtest: „ zu Dir“
Deine Augen jedoch, Geliebte
Deine Augen sagten mir:
„Ich will allein sein, ich habe Angst.“

Ja, das war, was Dich beherrschte Irene
die Angst
die Unklarheit
und der Pakt mit dem Drachen
war lediglich nur für Augenblicke
als Dein Mund über meinen Körper streifte.

Du, die das Gefühl der Überlegenheit darstellt
ergibst Dich einer Hierarchie
die, bitte lach jetzt nicht,
aufgezwungen wird.
„nein, stimmt nicht“
höre ich Dich immer noch sagen
und die Folterknechte von Dachau
posieren für den Photographen
als gäbe es ein Preisausschreiben zu gewinnen.

Irene ist tot
und ich muss Cohen zitieren
„Eine Freundschaft zwischen Mann und Frau
die nicht auf Sex gegründet ist, ist entweder
Heuchelei oder Masochismus“

Warst Du, Irene, meine Geliebte
Warst Du meine Frau
War ich Dein Mann, Dein Freund
Dein Knecht oder Dein Folterer?
Gabst Du mir Deinen Geist
Deinen Körper
oder war lediglich Deine Zunge
eine Sonnenuhr mitten im Atlantik ?

Du warst mein Vorträumer und ich
genoss als Selbstverständlichkeit
die Monotonie Deines Reiches.
Die Klappe fällt, die neue Szene
sitzt fast auf Anhieb.
Der Held trägt die Heldin
Die Heldin schaut ihn erwartungsvoll an
und der lange Film küss
wird durch die Kameras aufgezeichnet.

Warum schreit hier niemand „Betrug“
Warum erheben sich nicht zum Sturm die Meere
Warum überfluten die Wassermassen
lediglich nur Pappmaché

Gib es doch zu, Irene
dass Du mich vermisst.
Gib es doch zu, dass, wenn ich weit fort bin
Deine Kraft nachlässt
und Du zu dem wirst
dem du entkommen möchtest
Gib es doch zu, Irene
dass du krank wirst
dass Dein Herz poltert
dass Du lieber Bettler anbetteln würdest
bevor Du Dein Herz öffnest.

Ich habe mich so bemüht
die Lektionen der arroganten Aristokratie
vom Schreibtisch aus zu bewältigen.
Geburtshelfer und Totengräber
finden sich am Abend
vor derselben Bar
und trinken auf die Zukunft.
Und als es darauf ankam, Deine Schönheit einzutauschen
goss ich mir Blausäure über die Hände
und es war so mühelos schön
zu wissen
dass Du um mich wirkliche Tränen
verschwiegen hast.

Hörst Du mir zu, Irene
Ich schweige nicht
Ich schreibe meine Gefühle auf
und die jungen Mädchen gehen stumm
zum Wohltätigkeitsball ohne Schleife im Haar.

Hast Du eigentlich jemals den Geruch
einer verbrannten Liebe gerochen?
Er ist allgegenwärtig
zwischen Kinos und Bahnhöfen
In Karlsruhe
in Pforzheim
in Ulm
in Stuttgart
Zwischen Zitronenbäumen und Sandkästen
Mitten in der Hauptallee
und in der Wasserleitung
neben einer Heuschreckenwolke.

In Deinen Haaren, Irene, ist dieser Duft
Hör bitte auf
sogar nach Deinem Tode
Bataillone von Schmerzen zu versenden.

Hast Du unsere erste Nacht noch in Erinnerung?
– die Verheißung des Lebens –
nannte ich sie mal
und es ist gut zu wissen
dass Du darauf lediglich ein Achselzucken übrig hattest.

Weil Du mir Deine Seele ausgeliehen hattest
wollte ich neue Planetensysteme suchen
Kastanienbäume zu Orangenbäumen um züchten
„ es wird ein Ende kommen müssen“
sagtest Du mit einer beängstigenden Fremdheit
und erwartetest eine Lösung
die ich parat haben sollte
die aber nie parat sein konnte.

Ich spüre noch Deine Küsse, Irene
jedes Mal, wenn ich einen Garten sehe
jedes Mal, wenn ich einer Frau begegne
jedes Mal, wenn ich atme
Deine Lippen sind stets mit meinen vereint
als wären wir beide noch unter den Lebenden.

Irene ist tot
und für Dich wollte ich zum Verräter werden
meinen Blutschwur brechen
Theater schließen lassen
Und Vorstellungen für Dich allein abhalten
Keiner hätte sie erkennen können
zweitausendvierhundert Plätze, alle leer
bis auf Deinen Platz und meinen in der Loge
um Dich zu beobachten
bis kein Verstand mehr begreifen kann.

Ich weiß nicht, ob ich jemals gelogen habe
nicht einmal vor einem Jahrhundert
als ich begann
meine Identität zu suchen.
Irene, du jedoch schleppst Deine Erfahrungen
unter fremden Sternen und nur
weil sie den gleichen Namen trugen.

Am Horizont des Schicksals
wenn Schuld und Handeln definiert werden
mahntest Du ausdrücklich die Tatsache an
dass irgendwo die wahre Liebe existiert
Du jedoch mit den Gegebenheiten zufrieden bist
und das drückte die Arglosigkeit aus!

Immer wieder wurdest Du der Erfahrung ausgeliefert
die Du nicht einordnen konntest
und Angesicht dieser Erfahrung
besser gesagt, dieser Vermutung
dass alles von irgendwoher bestimmt
und unanfechtbar sei
warst Du mir so entfernt wie nie.

Im stillen Kämmerlein jedoch
wenn Du mich als „meine große Liebe“ ansprachst
da stimmtest Du mit mir ein:
„Es lebe die Anarchie“

Irene ist tot
von Dir abhängig
und dieses befähigt mich zu leiden
so zu leiden, bis die Frage
nach dem Sinn des Existierens aufkommt.

Alles, was ich schreibe
redet von Dir
Nenn mich Christ oder Sadist
oder nenn mich christlichen Sadisten.
Nenn mich Lehrer oder Schüler
oder lehrenden Schüler.
Nenn mich Mann oder Liebhaber
aber sag niemals Schicksal zu mir.

Bist Du jetzt traurig, Irene?
Empfindest Du etwas in Deinem Dasein?
Schmerz und Freude, sind die da?
Manche gehen Richtung Süden
andere wiederum nach Norden
es gibt aber auch manche, die stehen bleiben
den letzten Rest leertrinken
um die nächste Flasche zu öffnen.
Empfindest Du Durst
oder hast Du lediglich das Empfinden
der Gleichgültigkeit
unter Deiner Zunge.

Eigentlich war es immer so
als Du noch am Leben warst
oder laß es mich es so ausdrücken
wie ich es empfunden habe
als Du mich noch geliebt hast.

Trägst Du noch unter Deiner Zunge
den Geschmack meiner Küsse
Endet Dein verführerischer Blick
beim Untergehen der Abendsonne
Wenn ja, dann bist Du fast am Ziel
meiner geheimen Träume, aber nur fast.

Wenn ich in der Abstellkammer der Gedanken wühle
suche ich nach der Brauchbarkeit
der verschiedenen Horizonte
Und das Wort „Verständnis“ taucht immer wieder auf
und „Toleranz“
wie wenn es ein Kochrezept
über unsere Beziehung gäbe.

Als einzig lehrenden Grundsatz lasse ich
nur das Gefühl gelten
Und Gefühl war Dir nicht fremd, Irene
was Dir fehlte, ich muss wieder kritisieren
war, Deine eigene Entfremdung zu erkennen.

Verstehe mich
Ich sehe dies nicht als Fehlleistung an
das Verständnis Deiner Sinne und Gedanken
und die festgeschriebene ethische Gesinnung
haben sich verändert
Du bist jedoch die „Gleiche“ geblieben, äußerlich.

Einmal jedoch, kannst Du Dich noch entsinnen?
Erkanntest Du Dein anderes Gesicht
Du erkanntest, dass es kein Tatbestand ist
was scheinbar wichtige Menschen behaupten.
Sondern dass Gerechtigkeit und Rechtsprechung
zwei verschiedene Aspekte des Gerechtseins darstellen.
Du erkanntest und es erschreckte Dich
gib es zu,dass das juristisch formulierte
und das existentiell gemeinte Leben
nicht unterschiedlicher sein können.

Wenn ich morgens aufwache, Irene
und den Geschmack des Rotweins
mit Zahnpasta egalisiere
dann spüre ich die Sekunden, die verrinnen
und jede dieser Sekunden ist ein Tropfen
im Ozean meiner Tränen

Dann sehe ich Dich im Winde drehen
umringt von zwei kleinen Engeln
die mit Dir Deinen Lieblingstanz vortragen
Du hattest ein Band in Deinem Haar
das sich durch den Wind
in allen Himmelsrichtungen dreht.

„Was ist das, was man Liebe nennt“
fragtest Du mich
„Was ist das was Dich nicht schlafen lässt“
„Was ist das was in mir so brennt“
und ich wich Dir aus.

Seele und Herz
wechseln lediglich Namen und Gestalt
In meinem letzten Leben, Irene
vermochte ich Dir keine Antwort zu geben
Dieses Leben scheint mir auch so kurz
darum wollen wir noch einmal geboren werden
damit ich Dir im dritten Leben
die Liebe erklären kann.

Ich wache allein auf
Die Gefühle im Banksafe
und weiß, dass ich  wenn ich Dich nach zwei Jahren wieder treffe
Johanna von Orleans
Maria Stuart
Cleopatra
Und Marilyn Monroe
allen einen Abfuhr erteilen werde

In den Träumen jedoch
In Deinen Lippen
In Deinen Lippen
Und Deinen Haaren
werde ich warten
als vollkommener Mann
der ich immer sein wollte.

Dann zünde ich mir
mit einer fahrigen Bewegung eine Zigarette an
und bemerke erst viel später,
dass ich Nichtraucher bin.
Eine Anzahl von Buchstaben stapelte sich
vor meinen Gedanken
und von da an beschloss ich
Dich ein Leben lang zu lieben.

Männer kommen und gehen, Irene
Sie bringen Dir  Musik und ihre Herzen
Sie bringen Dir die Sterne
Und versprechen Dir das, was Du hören möchtest
Männer kommen und gehen, Irene
Ihre Sterne hinterlassen lediglich Staub
Und stehlen Dein Herz
Die Männer kommen und gehen, Irene
Und Du erhältst Trinkgelder für die Liebe.
Ozeane werden Dir versprochen
Doch Pfützen sind lediglich das, was Du vorfindest
Mit einem Lächeln kommen sie, Irene
Und Du bleibst mit Deinen Träumen allein

Ich lausche der Stille
Du summtest eine Melodie
war es unsere?
Und ich lauschte weiter und hörte
nur Deine Stimme auf dem Anrufbeantworter
So verkroch ich mich in der Dunkelheit
betrachtete Deine Photos
es ist wahr
dass Liebe keine Regeln braucht
genau so wenig
wie Rosen einen anderen Duft.